Länger arbeiten: Sollen Firmen für die Frühpension aufkommen?

Die Menschen sollen länger arbeiten und später in Pension gehen. Damit diese Vorgabe der EU umgesetzt werden kann, gibt es ungewöhnliche Vorschläge.

„Wer will, dass die Menschen länger in Beschäftigung bleiben, muss entsprechende Maßnahmen und Anreize schaffen“, sagt die Pensionsexpertin des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), Christine Mayrhuber. „Man kann nicht einfach das gesetzliche Pensionsantrittsalter erhöhen, man muss auch das Verhalten der Unternehmen überdenken.“

Arbeitsumfeld verbessern
Etwa ein Drittel aller Pensionsversicherten (mit Ausnahme des öffentlichen Dienstes) geht laut Mayrhuber vorzeitig in Invaliditätspension. Wenn gewünscht ist, dass diese Menschen länger arbeiten, müssten nicht nur die Möglichkeit zur Weiterbildung und die Arbeitsbedingungen verbessert werden. Es seien auch finanzielle Anreize wichtig. Die Entlastung bei den Lohnnebenkosten für ältere Arbeitnehmer sei jedenfalls zu wenig.

Mayrhuber spielt bei ihren Vorschlägen auch darauf an, dass Unternehmen Mitarbeiter mehr oder weniger in die Frühpension drängen. „Wenn aber die Beschäftigten dann Abschläge in Kauf nehmen müssen, wäre es logisch, auch die Unternehmen in die Pflicht zu nehmen. Das ist in Zeiten der Krise wie jetzt keine Lösung. Aber man sollte darüber diskutieren.“

In den Niederlanden und in Finnland gebe es entsprechende Vorschriften. Wenn ein Mitarbeiter krankheitsbedingt in Pension gehen muss, ist die Firma verpflichtet, für einen bestimmten Zeitraum einen Beitrag zur Frühpension zu leisten. Die Folge sei gewesen, dass die Unternehmen die Arbeitsbedingungen verbesserten, um die Mitarbeiter länger in Beschäftigung zu halten. Mayrhuber: „Dies kann eine von mehreren Maßnahmen sein.“ Genau wie das in den USA praktizierte Experience-Rating. Demnach zahlen jene Betriebe höhere Beiträge zur Arbeitslosenversicherung, die öfter Mitarbeiter kündigen.

Mayrhubers Vorschlag stößt sowohl in der Politik als auch in der Wirtschaftskammer auf geringe Zustimmung. Sowohl Sozialminister Rudolf Hundstorfer als auch Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner wollen andere Wege gehen und verweisen auf die mangelnde Vergleichbarkeit etwa von finnischem und österreichischem System.

„Anspruch auf Reha“
Dr. Erhard Prugger, Obmann der AUVA in Oberösterreich
und Chef der Rechtsabteilung in der Wirtschaftskammer, lehnt Mayrhubers Ansatz ebenfalls ab, räumt aber ein, dass der hohe Prozentsatz der Invaliditätspensionen bedenklich sei. Die Wirtschaftskammer wolle einen Rechtsanspruch auf Reha, bevor jemand in Pension gehe. Dieser solle auch älteren Arbeitslosen zugestanden werden, die nur noch schwer vermittelbar seien.
(Quelle: www.nachrichten.at, 09.07.2010)

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