So leidet das Spitalspersonal!

Spitalspersonal

Dramatische Umfrageergebnisse – zwar Wien betreffend, aber auch in OÖ. interessant
Zu wenig Personal und unregelmäßige Arbeitszeiten: Das sind die größten Probleme, mit denen Beschäftigte in Gesundheitsberufen in Wien zu kämpfen haben. Krankenschwestern, Pfleger, Hebammen und Sanitätshilfsdienste mögen zwar ihren Beruf, leiden aber unter der Personalnot, den speziellen Arbeitszeiten, der Bürokratie, dem schlechten Führungsstil von Vorgesetzten sowie großem Zeitdruck.

Das ergab eine Umfrage im Auftrag der Arbeiterkammern Wien und Niederösterreich sowie der Ärztekammer Niederösterreich. Fast die Hälfte der Befragten (46,7 Prozent) leiden darunter, dass es in ihren Abteilungen zu wenige Beschäftigte gibt. Daraus resultiert wiederum enormer Zeitdruck, der von 34,4 Prozent in der Umfrage kritisiert wird.

Die unregelmäßigen Arbeitszeiten wie Nacht- und Schichtdienst sehen 24,7 Prozent als Problem. Private Vorhaben sind dadurch schwer umzusetzen. An der Bürokratie scheitern 43,7 Prozent der Befragten. Der schlechte Führungsstil von Vorgesetzten wird von 30,2 Prozent der Befragten als Belastung gesehen.

KAV-Ergebnisse deutlich schlechter
Für die Umfrage wurden die Ergebnisse von Beschäftigten in Einrichtungen des Wiener Krankenanstaltenverbundes (KAV) sowie die Ergebnisse von anderen Gesundheitsbeschäftigten in Wien getrennt festgehalten.

Dabei zeigte sich, dass besonders KAV-Angestellte mit dem Personalmangel unzufrieden sind (54,3 Prozent). In anderen Einrichtungen kam diese Kritik von 36,6 Prozent. Ebenso sieht der Trend in Sachen Arbeitszeiten aus: Während 30,2 Prozent der KAV-Angestellten mit unregelmäßigen Diensten unzufrieden sind, sind es bei anderen Organisationen 17,2 Prozent.

Psychische und physische Belastungen
Ebenso erschreckend die Angaben zu Burn-out: Bereits 22 Prozent (mehr als ein Fünftel) gaben an, sich bereits im ersten Stadium (emotionale Erschöpfung) zu befinden. 0,6 Prozent haben bereits das Stadium zwei (Depersonalisation) erreicht, 2,5 Prozent das dritte Stadium (hohe emotionale Erschöpfung). Belastend werden etwa „lästige“ Patienten (30,2 Prozent) gesehen, ebenso unterschiedliche Kulturen unter Patienten (29,5 Prozent), Angehörige (29,4 Prozent) und verbale Übergriffe (22,6 Prozent).

Viele leiden auch an körperlichen Belastungen: 49 Prozent haben Probleme mit der Körperhaltung bei der Arbeit, 41,3 Prozent mit dem Tragen von schweren Lasten, 47,7 Prozent mit den Bewegungsabläufen und 35,6 Prozent mit Infektionen. „Körperliche Belastungen kann man nicht an Maschinen delegieren“, so Studienprojektleiter Tom Schmid.

60 Prozent dennoch zufrieden
Dennoch liebt ein Großteil der Befragten ihren Beruf
: 60,6 Prozent zeigten sich zufrieden, 23,8 Prozent sogar sehr. Sie wissen, dass sie eine schwere Arbeit haben, aber sie haben sich mit den Bedingungen abgefunden. Ihren nötigen Rückhalt holen sie sich vor allem im privaten Umfeld. Ein Großteil geht auch mit seinen Problemen zu Kollegen (18,4 Prozent).

Die Befragten wünschten sich insbesondere mehr Personal (23,4 Prozent), eine Verbesserung der Arbeitszeiten (15 Prozent), gesundheitsfördernde Maßnahmen (10,9 Prozent) sowie eine bessere Bezahlung (8,4 Prozent). Für die Studie wurden 85.000 Personen interviewt.

„Mit Problemen alleingelassen“
„Die Beschäftigten werden mit ihren Problemen in hohem Maße alleingelassen“, kritisierte Gerda Mostbauer, Vorsitzende des Fachausschusses Gesundheitsberufe der AK Wien, am Mittwoch bei der Präsentation in Wien. Rund die Hälfte der Befragten habe angegeben, im vergangenen Jahr keine Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförderung erhalten zu haben.

„Für die Gewerkschaften kommt dieses erschreckende Studienergebnis nicht überraschend. Durch den Abbau von Überstunden im Pflegedienst ist der Gegenwert von 600 Vollzeitarbeitsplätzen eingespart worden“, so Bernhard Harreither von der Gewerkschaft der Gemeindebediensteten. „Dass es im Gesundheitswesen kriselt, ist nicht mehr wegzudiskutieren“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Gewerkschaft vida, Willibald Steinkellner.

Politischer Schlagabtausch
Nach der Studie hagelte es Kritik vonseiten der ÖVP. „Die Mitarbeiter in den Spitälern und in den Pflegeeinrichtungen sind aufgrund von Managementfehlern völlig überlastet und mehr mit interner Bürokratie befasst als mit den Patienten“, sagte die Gesundheitssprecherin der ÖVP Wien, Ingrid Korosec.

Gesundheitsstadträtin Sonja Wehsely (SPÖ) konterte: Wien habe die höchste Dichte an Pflegepersonal von allen Bundesländern. Das Krankenanstaltenarbeitszeitgesetz werde im Gegensatz zu anderen Bundesländern eingehalten, argumentierte das Büro Wehsely. Faire Arbeitszeiten und der Abbau von Bürokratie hätten oberste Priorität.

Korosec forderte Stadträtin Wehsely allerdings auf, einen runden Tisch mit Spitalsmanagern aus dem Wiener Krankenanstaltenverbund, Mitgliedern der Personalvertretung und allen im Wiener Gemeinderat vertretenen Parteien einzuberufen.
(Information von www.orf.at, 10.03.2011)

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