AK OÖ. kritisiert die AUVA – Versehrtenrente erst nach Hürdenlauf?

Zermürbender Hürden­lauf vom Arbeits­unfall bis zur Versehrten­rente: AK kritisiert Umgang der AUVA mit Versicherten 
Wer wegen eines Arbeitsunfalls in der Erwerbsfähigkeit eingeschränkt ist, hat unter Umständen Anspruch auf eine Versehrtenrente. Diese wird von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) zuerkannt. In letzter Zeit werden allerdings Arbeitsunfälle trotz klarer Sachlage oft nicht anerkannt und Verfahren unnötig in die Länge gezogen.

„Für viele Versicherte wird der Antrag auf die zustehende Leistung zu einem zermürbenden Hürdenlauf“, beklagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.

Er fordert die Entscheidungsträger/-innen in der AUVA auf, diese fragwürdigen Praktiken zu unterbinden.

Versehrten­rente für schwere Fälle
Bei der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) sind rund 3,2 Millionen Arbeitnehmer/-innen versichert. Die AUVA ist verpflichtet, den Versicherten bei Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten die ihnen rechtlich zustehenden Leistungen zu gewähren. Je nach Schwere der körperlichen Schädigung kommen verschiedene Leistungen in Betracht: Unfallheilbehandlung, berufliche oder soziale Maßnahmen, Beistellung von Körperersatzstücken, orthopädische Behelfe. In besonders schweren Fällen sowie im Todesfall werden auch Geldleistungen, wie etwa die Versehrtenrente, gewährt.

AUVA-Bescheide: jeder zehnte an­ge­fochten
Im Jahr 2018 erließ die AUVA knapp 4.400 Bescheide. Gegen 492 davon wurde Klage erhoben. Rund 120 dieser Klagen wurden von der Arbeiterkammer Oberösterreich eingebracht – zumeist ging es dabei um die Anerkennung von Arbeitsunfällen oder die Zuerkennung einer Versehrtenrente. Wie viele Versicherte sich nicht gegen ablehnende Bescheide gewehrt haben, lässt sich kaum abschätzen.

Arbeits­unfall – was fällt darunter?
Oftmals scheitern Klagen bereits an der Anerkennung eines Unfalls als Arbeitsunfall. Die AUVA vertritt hier die Meinung, dass es sich um sogenannte „Anlageschäden“ handle. Das heißt konkret, dass nicht der Arbeitsunfall als Ursache für nachhaltige körperliche Beeinträchtigungen anerkannt wird, weil angebliche „Vorerkrankungen“ die Schäden oder das Leiden „begünstigt“ haben. In der gerichtlichen Praxis wird ein Unfall nicht als Arbeitsunfall anerkannt, wenn das Gutachten zu der Erkenntnis kommt, dass der Schaden auch ohne den Arbeitsunfall innerhalb eines Jahres eingetreten wäre.

Dazu kommt, dass die AUVA trotz eindeutiger Gutachten zugunsten der Versicherten immer wieder Anträge auf Gutachtensergänzungen oder Gutachtenserörterungen stellt. Dadurch werden die Verfahren teils empfindlich in die Länge gezogen. „Für die Betroffenen ist das oftmals äußerst zermürbend. Kein Wunder, dass viele das Handtuch werfen und aufgeben“, sagt AK-Präsident Dr. Johann Kalliauer.

AUVA ver­zögert Ver­fahren
Einen besonders ärgerlichen Verfahrensverlauf erlebte eine diplomierte Krankenpflegerin einer OP-Station, die von einem Frischoperierten schwer verletzt worden war. Die AUVA gewährte ihr keine Versehrtenrente und bestritt im Laufe des Klagsverfahrens sogar, dass die Verletzung vom Arbeitsunfall stammte. Auf Basis eines unfallchirurgischen Gutachtens sprach das Gericht der Klägerin eine Versehrtenrente zu. Damit war das Verfahren aber noch immer nicht beendet, denn die AUVA ging gegen das Urteil in Berufung. Letztlich bestätigte das Oberlandesgericht (OLG) Linz nach 2-jähriger Verfahrensdauer das Urteil vollinhaltlich. Sogar das OLG empfand die Vorgehensweise der AUVA als „verfahrensverzögernd“.

Warum nicht seriös und korrekt?
„Die AUVA ist gesetzlich dazu verpflichtet, korrekt und seriös zu beurteilen, ob Rechtsansprüche vorliegen, und die zustehenden Leistungen auszuzahlen. Sie ist aber nicht dazu angehalten, eindeutige Verfahrensergebnisse zu ignorieren und dadurch Verfahren zulasten der Versicherten in die Länge zu ziehen“, sagt der AK-Präsident. Er fordert die Entscheidungsträger/-innen in der AUVA auf, derartige Praktiken zu unterbinden, Arbeitsunfälle als solche anzuerkennen sowie eindeutige Gutachten und unzweifelhafte Gerichtsurteile zu akzeptieren.

Da diese Praktiken eng mit den Budgetkürzungen durch die türkis-blaue Bundesregierung zusammenhängen, fordert die AK den Gesetzgeber auf, der AUVA wieder ausreichende finanzielle Mittel zur Verfügung zu stellen, den Beitragssatz zur Unfallversicherung wieder auf mindestens 1,4 Prozent der Beitragsgrundlage zu erhöhen, die Einsparungen bei der AUVA wieder zurückzunehmen und den Personalstand der AUVA nicht weiter zu senken.
(Information der AK OÖ., 18.06.2020)

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